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Vaskulitiden

Systemische Vaskulitiden sind entzündliche Erkrankungen der Blutgefäße (Vas = Gefäß, -itis = Entzündung), die den gesamten Körper befallen können. Der Name "systemisch" unterscheidet sie von organbegrenzten Gefäßentzündungen wie der Hautvaskulitis. Unterteilt werden die systemischen Vaskulitiden nach dem Durchmesser der überwiegend von der Entzündung betroffenen Blutgefäße in Groß-, Mittel- und Kleingefäßvaskulitiden. Zu den Vaskulitiden zählen die Granulomatose mit Polyangiitis (Wegener'sche Granulomatose), die Mikroskopische Polyangiitis, die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (Churg Strauss Syndrom), die Panarteriitis nododsa, die Vaskulitis bei Kryoglobulinämie, die Riesenzellarteriitis/Polymyalgia rheumatica und die Takayasu Arteriitis. Systemische Vaskulitiden sind eher seltene Erkrankungen (circa 50 Erkrankungen auf 1 Million Menschen) und werden daher oft verkannt.

Diagnostik

Die Kombination aus Krankengeschichte, klinischem Befund, Serologie, bildgebender Diagnostik und Gewebsuntersuchung führen zur Diagnose Vaskulitis.

  1. Krankengeschichte: Der Patient muss eingehend auch nach nicht-zusammenhängenden, harmlosen und flüchtigen Krankheitserscheinungen wie etwa blutigem Schnupfen, Husten, Hautflecken, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Missempfindungen, Abgeschlagenheit gefragt werden: All diese einzelnen Beschwerden können Bausteine eines großen Gebäudes - Vaskulitis - sein, wenn man sie in ihren zeitlichen und systematischen Zusammenhang stellt
  2. Der klinische Befund, also die körperliche Untersuchung, kann häufig richtungsweisend sein: So können etwa fehlende Pulse, unterschiedlicher Blutdruck an beiden Armen oder Strömungsgeräusche über Blutgefäßen als Zeichen der Enge oder des Verschlusses Zeichen der Großgefäßvaskulitis sein, blaue Flecken und Stippchen als Einblutungen können Zeichen der Kleingefäßvaskulitis durch Platzen der Kapillaren sein. Die "Sattelnase" mit blutig-borkigem Schnupfen ist typisch für die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA).
  3. Laboruntersuchungen (Labor Rheumatologie): Hier gibt es Zeichen der Entzündung (Blutsenkungsbeschleunigung, CRP, Blutarmut, hohe weiße Blutkörperchen (Leukozyten) und hohe Plättchenzahlen (Thrombozyten), Nierenwerterhöhungen bei entzündlicher Nierenbeteiligung bei Kleingefäßvaskulitiden. Wichtig sind die bei systemischen Vaskulitiden spezifischen Autoantikörper (ANCA bei GPA und mikroskopischer Polyangiitis (MPA)) und bei Kälte ausflockende Eiweiße (Kryoglobuline), die kleine Gefäße zerstören.
  4. Mit Ultraschall können innere Organe wie etwa die Nieren, das Herz, die Gelenke und Muskeln untersucht werden. Die Doppler-Sonografie ermöglicht die Beurteilung des Blutflusses und ist bei Großgefäßvaskulitiden hilfreich.
  5. Die Computertomographie (CT) und die Kernspintomografie (=Magnetresonanztomografie (MRT)) können Entzündungen der unterschiedlichen Organe, etwa des Gehirns, der Musklatur und der Gelenke sichtbar machen. Die CT ist in Kombination mit der Positronenemissionstomografie (PET-CT) zum Aufdecken unerkannter Entzündungen an großen Gefäßen oder den Organen hilfreich.
  6. Die Gewebsuntersuchung (Histologie) sichert die Diagnose: Wenn möglich sollte deshalb bei Vaskulitiden eine Probe (Biopsie) entnommen werden. Neben der Diagnosesicherung lässt das Ausmaß und die Struktur der Entzündung Rückschlüsse auf Art und Erfolg der Behandlung zu.

 

Therapie

Alle systemischen Vaskulitiden bedrohen die Organfunktion und häufig das Leben. Das einzige sofort wirksame Medikament ist Kortison und deshalb trotz aller unerwünschten Nebenwirkungen als Beginn der Behandlung unverzichtbar. Die Nebenwirkungen von Kortison sind weitgehend von der Dosis und Dauer der Kortisonbehandlung abhängig. Besonders die Infektgefährdung durch Schwächung des Abwehrsystems, Stoffwechselentgleisungen hinsichtlich Blutzucker und Fettsucht ("Vollmondgesicht" oder Cushing-Syndrom) und die Knochenerweichung durch mangelnden Einbau von Kalzium (Osteoporose) sind hier zu nennen. Gefährliche Nebenwirkungen treten überwiegend bei langzeitiger und hoher Dosis von Kortison auf. Unterhalb eines Grenzwertes (sog. Cushing-Schwelle), der der körpereigenen Kortisonproduktion entspricht, treten diese Nebenwirkungen selten und in weniger bedrohlicher Form auf.

Ziel der modernen Vaskulitis-Behandlung ist es, möglichst rasch von einer hohen Dosis Kortison herunterzukommen. Dies gelingt bei vielen Vaskulitiden nur durch gleichzeitige Gabe weiterer Medikamente. Alle Vaskulitiden kleiner Gefäße (typischerweise mit Nieren-, Lungen- und Nervenschädigung) müssen neben hochdosiert Kortison zusätzlich mit weiteren Medikamenten behandelt werden. Seit den 70er Jahren haben sich hierzu Substanzen aus der Krebstherapie bewährt, welche meistens in erheblich niedrigerer Dosis als zur Krebsbekämpfung eingesetzt werden. Solche Substanzen heißen Zytostatika (=Substanzen, die die Zellteilung hemmen, z.B. Cyclophosphamid) oder Immunsuppressiva (=Substanzen, die das Abwehrsystem unterdrücken, z.B. MTX, Azathioprin).
Da auch diese Medikamente erhebliche Nebenwirkungen aufweisen können (Schwächung der Blutbildung, Infektanfälligkeit, Haarausfall, Unfruchtbarkeit - all dies wohlgemerkt von der Dosis- und Behandlungsdauer abhängig) und in der langfristigen Therapie häufig nicht mehr vertragen werden, gibt es neue Entwicklungen. Neue Substanzen wie die Biologika (s.unten) greifen gezielter die zur Vaskulitis führenden Prozesse an und treffen weniger die Zellteilung und das Abwehrsystem als Ganzes:

Seit den 90er Jahren gibt es neue Medikamente, die gezielt Botenstoffe der Entzündung abfangen und beseitigen (anti-Interleulin-6 Therapie, z.B. Tocilizumab) oder gezielt diejenigen Abwehrzellen abtöten, die krankheitsverursachend sind (z.B. Rituximab). Es handelt sich um aufwendig angefertigte Eiweiße, weshalb die Substanzklasse "Biologika" oder "Biologics" genannt wird. Diese Medikamente sind selbst nicht zellteilungshemmend und gewebsschädigend und werden deshalb zumeist gut vertragen.

Eine weitere erfolgreiche Therapie bei einigen Vaskulitiden ist die Gabe von Immunglobulinen (Antikörpern) als Tropf (IVIG). In lebensbedrohlichen Situationen bei Vaskulitis mit Nierenversagen können in einem Verfahren ähnlich der Blutwäsche (Dialyse) durch die Plasmaseparation krankmachende Antikörper dem Blut entzogen werden.

Zusammengefasst sollte man die systemische Vaskulitis unverzüglich mit hochdosiert Kortison in Verbindung mit einem Immunsuppressivum oder Biologikum bis zur Besserung der schweren Entzündung behandeln. 
Bei der Riesenzallarteriitis kommt Kortision, oft in Kombination mit Tocilizumab oder MTX zum Einsatz. Bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) erfolgt die Remissionsinduktion typischerweise mit hochdosiert Kortison und Cyclophosphamid oder Rituximab. Bei Nierenversagen kann zusätzlich in bestimmten Fällen die Plasmaseparation notwendig sein. Bei ausbleibender Besserung unter der Cyclophosphamid- oder Rituximab-Therapie müssen eventuell zusätzliche oder andere Medikamente wie etwa Biologika oder IVIG zum Einsatz kommen. Sobald die schwere Entzündung überwunden ist, kann auf eine mildere remissionserhaltende Therapie mit niedrigdosiertem Rituximab oder z.B. Azathioprin oder MTX, übergegangen werden. Da Vaskulitiden leider häufig wiederkehren (Rezidiv) und häufig eine geringgradige Entzündung verbleibt, muss diese Therapie häufig über Jahre und eventuell lebenslang fortgesetzt werden. Wegen der Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten in der Langzeittherapie muss nicht selten auf andere Medikamente umgestellt werden.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Vaskulitiszentrum Süd. 

 

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